DARMSTADT. Asylbewerber, die im offenen Kirchenasyl nicht abgeschoben werden, haben dennoch Anrecht auf Sozialhilfe. Das hessische Landessozialgericht in Darmstadt hat die Stadt Frankfurt in einem Beschluß vom Montag angeordnet, einem zunächst abgelehnten Asylbewerber Sozialhilfeleistungen zu gewähren.
Das Gericht verhandelte den Fall eines Äthiopiers, der mit der Flüchtlingswelle 2015 nach Deutschland gekommen war. Er beantragte Asyl, was jedoch abgelehnt wurde. Anschließend sollte er nach Italien abgeschoben werden. Dies erfolgte jedoch nicht. Im Juli 2016 beantragte er Kirchenasyl bei einer Frankfurter Gemeinde.
Diese teilte der Ausländerbehörde den Aufenthaltsort des Äthiopiers mit. Anfang 2017 erhielt der Mann dann eine Aufenthaltsgenehmigung und staatliche Unterstützung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Wer 18 Monate legal und ohne wesentliche Unterbrechung in Deutschland lebt, hat Anrecht auf Sozialhilfe.
Staat dürfe Mann nicht vorwerfen, nicht abgeschoben worden zu sein
Der Äthiopier beantrage diese im Oktober vergangenen Jahres. Doch die Stadt Frankfurt lehnte den Antrag ab. Sie begründete ihre Entscheidung damit, daß das Kirchenasyl als „rechtsmißbräuchlichen Verhalten“ gewertet werde. Das Landessozialgericht wies die Stadt nun an, dem Mann vorläufig Sozialhilfe zu gewähren, bis über den Widerspruch gegen den Beschluß entschieden sei.
Nach Auffassung des Gerichts stellt das offene Kirchenasyl keinen Rechtsmißbrauch dar, da den Behörden in solchen Fällen der Aufenthaltsort bekannt und eine Abschiebung nicht verboten sei. Offenes Kirchenasyl sei zudem von der Bundesregierung und den Verwaltungsbehörden respektiert und nicht mit einem Untertauchen des ausreisepflichtigen Ausländers gleichzusetzen.
Überdies könne der Staat einem Ausreisepflichtigen nicht vorwerfen, daß er nicht abgeschoben wurde. Es wäre deshalb widersprüchlich, den Aufenthalt zu dulden und dem Betroffenen gleichzeitig den Aufenthalt als Rechtsmißbrauch vorzuwerfen, urteilte das Gericht. (ls)